Lieber Taugenichts, wie hast du dich damals gefühlt als du deine geliebte Dame mit diesem gutaussehenden Offizier gesehen hast?
Als ich die beiden zusammen sah, gingen mir zwei wichtige Sachen durch den Kopf: Erstens, sie lebt in einer völlig anderen Welt als ich. Es ist unmöglich, dass sie sich in einen einfachen Zolleinnehmer wie mich verliebt. Das Zweite was mir durch den Kopf ging war, dass sie scheinbar schon vergeben sei und ich mir keine Hoffnungen machen solle. Stattdessen solle ich wieder auf Reisen gehen. Ich muss gestehen, ich fühlte mich wirklich elend, all die Zeit hatte ich die Hoffnung, dass aus uns etwas werden könne, doch schlussendlich wurden meine Träume zerstört und mir wurde gezeigt, wie unmächtig ich doch bin. Als mir das bewusst wurde, packte mich endlich die Reiselust wieder, zum einen, weil ich diesem Ort, der mich an meine vergebene Liebe erinnerte entkommen wollte, zum Anderen hatte mich meine Liebe und mein gutes Leben vergessen lassen, weshalb ich ursprünglich diese Reise antreten wollte. Als ich dann erst einmal mit der Reise begonnen habe, war ich zwar immer noch ein bisschen traurig, doch ich fühlte mich auf eine komische Art frei.
Was ging dir durch den Kopf, als du im Schloss des Grafen angekommen bist und die Leute dich, einen Wildfremden, so offenherzig empfangen und sich um dich gekümmert haben.
Ich war äusserst verwundert darüber, dass man mich, ohne zu fragen, auf ein Zimmer geleitete und mir Essen brachte. Um ehrlich zu sein war ich ausserordentlich froh darüber, dass der Kutschenfahrer kein Geld von mir wollte, denn das wäre ziemlich ungemütlich ausgegangen. Stattdessen waren alle auf dem Schloss ganz freundlich zu mir und behandelten mich wie ihren Herrn. Das fand ich sehr erfrischend, trotzdem habe ich mich gefragt, wessen Anwesen, das war und auch wieso man mich so warmherzig umsorgte. Aber als ich nachfragte, antwortete man mir nicht. Das fand ich dann doch ein bisschen merkwürdig… Wenn ich jetzt so daran zurückdenke, muss ich schon recht schmunzeln, denn ich verstehe nun, weshalb die Bedienstete des Schlosses am ersten Tag so unachtsam gewesen war, die Türe ihres Zimmers, welches ja an meines grenzte, nicht abzuschliessen. Sie dachte, dass ich eine Frau sei, so wie all die anderen. Aber als ich dann den Brief von Aurelie bekommen habe, war ich überglücklich. Ich freute mich so sehr, ich musste einfach mit all den anderen des Schlosses tanzen. Aber obwohl die Leute weiterhin ganz freundlich zu mir waren, waren sie irgendwie komisch, nachdem ich ihnen erzählte, ich würde das Schloss verlassen, fast ein bisschen geheimnistuerisch. Am Abend dann, als ich wieder in meinem Zimmer war, hatte ich eine Heidenangst. Ich dachte sie würden mich umbringen wollen, ich malte mir schon allerlei Methoden aus, mit denen sie mich töten und von der Bildfläche verschwinden lassen würden. Ich musste irgendwie fliehen, davon war ich überzeugt, und da war zu meiner Freude der Student, der ein bisschen sich allem Anschein nach ein bisschen von den anderen im Schloss abgegrenzt hatte. Als er mir half, aus meinem Zimmer in den Garten zu gelangen, wandelte sich diese Freude jedoch in Angst um, denn er sah aus als wäre er verrückt geworden und benahm sich auch richtig komisch. Ich flüchtete also voller Angst und mein Herz hämmerte wie wild, auch nachdem ich den Menschen im Schloss entkommen war und sie nicht mehr zu hören waren.
Wie hast du dich eigentlich gefühlt, als du den Brief von Aurelie bekommen hast, der dir zu verstehen gab, dass sie dich vermisst?
Wie schon gesagt war ich überglücklich! Ich verstand zum ersten Mal, dass sie auch an mir interessiert ist und für mich ging damit ein Traum in Erfüllung. Ich verstand zu diesem Zeitpunkt nicht so ganz, was es denn nun mit dem Offizier auf sich hatte, mit dem sie bei dem Fest geredet hatte. War er vielleicht nur ein alter Bekannter, oder hatte sie sich von ihm getrennt, weil sie sich in mich verliebt hatte? Oder ist er gar gestorben und sie war jetzt einsam und kam daher auf mich zurück? Ganz gleich aus welchem Grund, sie hatte mir geschrieben! Das war in diesem Moment das einzige das für mich zählte. Ich war durch den Brief so gut gelaunt, dass ich im Garten des Schlosses, auf dem ich mich zu dieser Zeit aufhielt, mit allen zusammen zu Abend essen und danach mit ihnen tanzen wollte. Am nächsten Tag wollte ich frisch und ausgeruht zu meiner geliebten Aurelie gehen und sie schnell in die Arme nehmen. Doch es kam ein bisschen anders.